Daniel Fueter in einem 1. Gespräch

Prima Volta: Hr Fueter, Ihr kompositorisches Werk weist eine grosse Nähe zum Theater auf und Sie sind als Pianist häufig in Bühnenproduktionen und Liedprogrammen zu hören. Woher rührt diese Vorliebe / dieser Schwerpunkt Ihres künstlerischen Schaffens?

Daniel Fueter: Ich bin in einem Theater-Film-Haushalt aufgewachsen. Insbesondere die Theaterwelt hat mich von klein auf fasziniert. Ich schrieb schon in der Primarschule Theaterstücke und zwang meine armen Mitschülerinnen und Mitschüler, sie mit mir aufzuführen. Ich gab ihnen Noten. Ich war schrecklich altklug und eingebildet. Wie viele Schauspielerkinder durfte ich selbst auch auf die Bühne. Da besteht grosse Ansteckungsgefahr. Zudem war ich immer ein Bücherwurm. Meine Welterfahrung sammelte ich weitgehend in Büchern. Kein Wunder, dass mich die Gattung Lied anspricht, kein Wunder, dass ich gern für und am Theater gearbeitet habe.

PV: Was inspiriert Sie? bzw. welche Auftragskompositionen/Engagements nehmen Sie an?

DF: Die grösste Inspirationsquelle ist das Honorar. Spass beiseite: Ich habe eine gute Zeit meines Lebens mit dem Verfertigen von Bühnenmusik mein Geld verdient. Und ich habe immer Freude gehabt, dass meine Musik gebraucht wurde. Die wichtigste Inspiration sind die Menschen, die ein Stück von mir wollen: tolle Regisseure, wunderbare Musikerinnen, eine spannendes Ensemble. Inspirierend ist natürlich auch ein guter Stoff: ein herausfordernder Text oder eine spezifische Kombination von Instrumenten, ein Projekt, dessen inhaltliche Aspekte mich berühren und dann immer: das Neue. Ich habe versucht, mich nie zu wiederholen, immer eine neue Sprache zu suchen oder mir unbekannte Varianten auszuprobieren. Wenn ein Auftrag dazu Anlass gab, freute er mich besonders.

PV: Sie werden dieses Jahr 70 und Ihre Vita ist beeindruckend. Sie haben sich nebst Ihrem künstlerischen Schaffen stark für die Schweizer Musik engagiert – u.a. waren Sie Leiter des Musikpodiums der Stadt Zürich (1985–1989) und des Schweizer Musikinstituts in Aarau (1988–1992) und Präsident des Schweizerischen Tonkünstlervereins (1990–1993). Was steht heute zuoberst auf Ihrer Bucket-List? 

DF: Administrative Arbeit hat mir immer gefallen, besonders im Zusammenhang mit der Ausbildung. Zu meinen schönsten Lebenszeiten gehören die insgesamt 15 Jahre am Konservatorium und der Hochschule Musik und Theater Zürich (heute ZHdK). Jetzt aber möchte ich keinerlei administrative Aufgaben mehr übernehme. Ich habe fürs Theater Rigiblick eben gerade noch die letzte Reihe eines Balladenprojekts (10 Konzerte pro Saison) als Kurator vorbereitet. Auch diese Form von Büroarbeit ist damit für mich abgeschlossen. Ich will in den nächsten anderthalb Jahren noch unterrichten, Klavierüben und proben und bei Konzerten mitwirken. Ab 2021 möchte ich nur noch Musik schreiben (ein Liederzyklus, ein Musiktheaterstück vielleicht) und mit meiner Frau zusammen sein, mit den Familien meiner Töchter, mit Freundinnen und Freunden.

PV: Hr. Fueter Sie sind in der Saison 2019/20 Gastkünstler von Prima Volta (und das stand sicherlich höher auf unserer als auf Ihrer Bucket-List…). Was reizt Sie an diesem Engagement?

DF: Ich bin geehrt, ich habe Freude, ich bin berührt, dass man an mich dachte. Ich danke Prima Volta von Herzen, dass man das Risiko läuft, meine Arbeit zum Thema zu machen, ich danke allen Prima Volta Helfern (auch der Interviewerin) für die Unterstützung, die ich erfahre und natürlich Frau Jacobs, die mit ihrer Grosszügigkeit im Hintergrund diese Reihe überhaupt möglich macht. Ich bin gespannt, meine Musik zu hören – herausgelöst aus den Zusammenhängen, in denen sie entstanden ist. Ich habe ein schlechtes musikalisches Gedächtnis. Es wird für mich vieles neu sein, und ich bin neugierig, ob es einer Überprüfung Stand hält. Auch für die Veranstalter und Veranstalterinnen hoffe ich, dass ich nicht der einzige Interessierte bin.

PV: Sie gestalten gemeinsam mit Till drei Konzerte bei Prima Volta. Nach welchen Kriterien haben Sie das Programm zusammengestellt?

DF: Ich hatte eine Handvoll Wünsche, als ich Till Löffler die Programme vorschlug:
1. Einige Stücke sollten dem Anspruch „zum ersten Mal“ standhalten, also Erstaufführungen oder Uraufführungen sein.
2. Die einzelnen Konzerte sollten möglichst unterschiedlich sein. Ich versuchte grosse Vielfalt und Facettenreichtum anzubieten.
3. Die einzelnen Konzerte sollten von der Besetzung her einen sinnvollen Aufwand verlangen.
4. In einem Konzert sollte mein Lieblingsgebiet „Lied“ zum Zug kommen, in einem andern mein Instrument, das Klavier. Und endlich sollten zwei Sonderaspekte meines Schreibens – Musik für Theater und Film und Arrangements – auch vertreten sein.
5. Ich wollte mit meiner Familie Musik machen und einige der mir besonders nahen Musikerinnen und Musiker eingebunden wissen.

Ganz herzlichen Dank für das offene Gespräch bzw. die eloquenten Antworten. Weitere – etwas persönlichere – Fragen publizieren wir im nächsten Beitrag zu Daniel Fueter.