Die Mühsal des Einstudierens vs. die Freude beim Vortragen

Meine erste Begegnung mit dem “Match“ von Mauricio Kagel fand im Sommer 2017 statt, als ich das Stück für das Davos Festival vorbereitet habe. Mein anfänglicher Enthusiasmus, das Stück zu lernen, verwandelte sich bald in Entsetzten als mir bewusst wurde, wie kompliziert das Stück geschrieben war. Die Legende, welche alle Sonderzeichen erklärt, umfasste eine ganze Seite und klärte längst nicht alle Fragen, die bei mir aufgetaucht waren. Tagelang kämpfte ich mich mühsam durch die Noten, die Saiten meines Cellos dank den verschiedenen Spezialeffekten von oben bis unten mit Kolophonium verklebt. Tatsächlich bleibt der „Match“ bis heute eines der schwierigsten Stücke, die ich je gelernt habe!
In Davos angekommen fingen wir an, zu dritt zu proben – und plötzlich machte das Stück unglaublich Spass! Beim Spielen mit den anderen beiden Musikern rückte der witzige, theatralische Aspekt plötzlich viel stärker ins Zentrum und die komplizierten technischen Details wurden blosse Mittel zum Zweck des Ausdrucks. Zu dritt tüftelten wir daran, wie wir den sportlichen Wettkampf, um den sich das Stück kreist, am liebsten darstellen wollten. In unserer Freizeit trieben wir uns sogar in der Suche nach geeigneter Bekleidung in den diversen Sportgeschäften von Davos herum.
Das Konzert selber war ein grosser Höhepunkt für mich: Die Chance, eine ganz neuartige, beinahe schauspielerische Bühnenerfahrung zu machen. Die ganze mühselige Übezeit, die ich daheim in das Stück gesteckt hatte, erlaubte es mir an diesem Abend, jegliche technische Schwierigkeiten zu vergessen und komplett in der Dramaturgie des Stücks aufzugehen. Das Lachen des Publikums, als wir in unseren Sportkostümen die Bühne betraten, gab den Ton für die gesamte Aufführung an und spornte uns zu einer noch verrückteren Interpretation an.
Ich freue mich riesig, den „Match“ von Kagel bei Prima Volta erneut zur Aufführung zu bringen! Wir sind gespannt auf den dramaturgischen Input von Till Löffler und werden bestimmt grossen Spass bei den Proben haben. Gleichzeitig habe ich aber momentan grosses Mitleid mit dem anderen Cellisten Flurin Cuonz, der den „Match“ für diese Aufführung zum ersten Mal lernen muss! Ich bin jedoch überzeugt, dass auch er spätestens beim Konzert nächste Woche feststellen wird, dass sich die ganze Mühsal mehr als gelohnt hat!

Autorin: Chiara Enderle