Till Löffler im Interview

Till Löffler
Till Löffler

Prima Volta: Herr Löffler, Sie gehen nun in die 4. Saison als künstlerischer Leiter von Prima Volta. Was motiviert Sie, diese kleine Kammermusik-Reihe zu gestalten?
Till Löffler: Prima Volta ist aussergewöhnlich. Diese Kammermusik-Reihe zu gestalten hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Ich darf Konzerte auf sehr hohem künstlerischem Niveau konzipieren und kann gleichzeitig durch meine Moderation grossen Wert auf die Kunstvermittlung legen. Dieses Spannungsfeld ist einzigartig. Unsere Konzerte sind ja nicht einfach Konzerte im klassischen Sinn, wo Musizierende auftreten, ihr Programm spielen, sich verbeugen und wieder gehen. Prima Volta bietet dem Publikum nebst dem Musikgenuss, Werkeinführungen mit Hintergrundinformationen zu den Stücken und den Komponierenden. Die Konzertbesucher haben die Möglichkeit sich im Gespräch mit den Musizierenden und mir auszutauschen. Bei Prima Volta kann man Musik auf einer sehr breiten und tiefgehenden Ebene erfahren.

PV: Das Programm steht diese Saison unter dem Motto: „ganz nah dran“. Wie sind Sie auf diese Leitidee gekommen?
TL: Wir richten mit diesem Motto den Fokus auf das wichtigste Merkmal der Prima Volta-Reihe: Die Nähe zum Publikum. Da wir bewusst auf ein Bühnenpodest verzichten, sind die ZuhörerInnen schon durch die Raumsituation nah dran und auf Augenhöhe mit den Musizierenden. Mit dem Format des Gesprächskonzerts bringen wir dem Publikum die Komponierenden und ihre Stücke näher. Beim Apéro nach den Konzerten können die Zuhörenden sich auch noch ganz persönlich mit den KünstlerInnen austauschen. Auch bei der Auswahl der Stücke spielte der Gedanke an Nähe immer eine grosse Rolle. Bei einer „Träumerei“ handelt es sich ja um einen sehr nahen und intimen Vorgang, ein Abendlied will Ruhe und Geborgenheit vermitteln. Und bei unserem 5. Konzert präsentieren wir das Streichquartett No. 8 von Dmitri Schostakowisch, in welchem er sich durch Verwendung eines musikalischen Themas, das aus seinen Initialien besteht, d-s-c-h, sehr nah und persönlich in sein Werk einbringt.

PV: Was hat Kammermusik heute für eine Stellung bzw. wie wird sie wahrgenommen?
TL: Kammermusik ist seit jeher eine der zentralsten Formen des Musizierens. Sie ist für Musiker ein wichtiges Bindeglied zwischen solistischem Musizieren und grossem Orchesterspiel. Die Wahrnehmung von Kammermusik hat sich in unserer heutigen Medienlandschaft einfach stark verändert. Die meisten Menschen hören Kammermusik oder generell Musik heute auf elektronischen Geräten oder sie besuchen ein Kammermusikkonzert in einem grossen Konzertsaal. Das hat aber mit dem ursprünglichen Wesen dieser Musizierform nicht mehr viel zu tun. Die Barriere zwischen den Musizierenden auf dem Podium und dem Publikum ist sehr gross. Auch der Klang der Musik verliert in grossen Räumen völlig seine Intimität. Das hat leider zu einer gewissen Entfremdung und Distanzierung geführt. Vielleicht ist Kammermusik deswegen auch bei einem eigentlich musikinteressierten Publikum eher in den Hintergrund des Interesses gerückt.

PV: Das Motto „ganz nahe dran“ gilt also nicht nur für den Inhalt sondern auch für die Umsetzung?
TL: Genau! Wir sehen es bei „Prima Volta“ als unsere Aufgabe und Chance, diese Distanz aufzulösen. Wir wollen den Leuten zeigen, dass Kammermusik etwas ganz Tolles ist und es sehr grosse Freude bereitet, Musik in dieser intimen Form zu erleben.

PV: Besten Dank, Till Löffler für diese interessanten Ausführungen.

Für Sie als Kammermusik-Interessierte gibt es nebst Kammermusik auf höchstem Niveau also manch guten Zusatzgrund, Prima Volta in der sehr persönlichen Konzert-Atmosphäre im LOKAL Fluntern regelmässig zu besuchen. Wir freuen uns, Sie näher kennen zu lernen.