Der Reiz des Neuen
Wenn es um das Thema neue Musik geht, begegnet man oft der Frage: Kann man heute noch neue Musik erfinden? Ist denn nicht alles schon mal komponiert worden? Doch auch wenn die Musik in den vergangenen Jahrhunderten in den unterschiedlichen Epochen unzählige Musikstile hervorgebracht hat, so ist doch alles in Bewegung und entwickelt sich ganz natürlich immer weiter. Jede neue Generation entwickelt ihre Herangehensweisen, ihre eigene Sicht und musikalische Sprache. Wir dürfen nicht vergessen: Jede Musik war zum Zeitpunkt ihrer Uraufführung zeitgenössisch. Und schon immer haben Komponierende einen Weg gesucht, Musik neu zu Gehör zu bringen. Sie erfanden Klänge und Rhythmen, welche man so noch nicht gehört hatte.
Denken wir nur an die Uraufführung von Haydns Schöpfung, wo das Publikum beim ersten Fortissimo-Einsatz des Orchesters offenbar derart erschrocken ist, dass es laut aufschrie. Oder das ratlose Unverständnis, mit dem das Publikum den Uraufführungen der Symphonien von Brahms beiwohnte. Heute jedoch hören wir diese Stücke mit dem grössten Selbstverständnis als klassische oder romantische Meisterwerke.
Es ging den Komponierenden nie darum, das Publikum zu erschrecken, oder mit ungewöhnlichen Klängen zu überfordern. Es war immer deren Ansatz, etwas Bekanntes auf eine andere und neuartige Weise zu vertonen. Einen Aspekt herauszuarbeiten, den man so vielleicht noch nicht gehört hat. Und so entwickeln sich auch unsere Hörgewohnheiten immer weiter, wie man am Beispiel von Haydn, Brahms und unzähligen Anderen sieht.
Wenn wir uns auf die Entdeckungsreise zu neuer Musik einlassen, wird das Hören spannend wie ein Krimi in dem es ständig Neues zu entdecken gibt, bis der Fall gelöst ist.